Ulrich Ritter mit 'Herzflimmern' im 'Atelier'

 


SCHWERE KOST IM KABARETT

Volksblatt Berlin
07. August 1985

'Herzflimmern - Wie das Theater in uns entsteht': Einen Essay des französischen Schauspielers Jean Louis Barrault wählte Ulrich Ritter als Grundlage für sein fast zweistündiges Programm.

Mystisch wirken die Szenen, in denen Ritter zur Tonbandbegleitung von Uwe Seibertz' synthetischer Musik die Gedanken Barraults zum Theater vorstellt und sie ausfüllt mit Texten von Berthold Brecht, Kurt Tucholsky, Peter Ustinov, oder Christian Morgenstern.

Ein mächtiges Unterfangen, das das Publikum im kleinen Zuschauerraum im Kabarett im Atelier zu erschlagen droht. Ritter rezitiert schwere deutsche Dichtkunst, wie sie sonst auf kabarettbühnen selten zu hören ist. Bis zur Pause waren es immerhin 14 Texte, die, um Gegenwart und Tod kreisend, es zu verarbeiten galt.

Ulrich Ritter beherrscht sein Handwerk. Sicher und mit wunderbar lebendiger Stimmer führt er durch das Auf und Ab seiner Aufführung. Angst und Freude, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, Gefühl und Leere läßt er miterleben.

Komödiantisches Talent beweist er unter anderem bei Heiner Neumanns 'ruchlosem' Eintakter 'Fräulein Klothildes Besuch': Auf dem Klo sitzend wird der verklemmte Büromensch vom Klingeln vermutlich von seiner Angebeteten überrascht. Ritters Komik beim nun folgenden Zwiespalt der Gefühle ist hinreißend.

Elvira Kühn